Untersuchung von Hochenergie-bestrahlungsinduzierten Prozessen in fortschrittlichen Tritium-Brutkeramiken

Projektlaufzeit

01.02.2019. - 31.10.2019.

Im Projekt einbezogenen Länder und Institutionen

flag-LV
Universität Lettlands
flag-DE
Karlsruher Institut für Technologie

Ziel des Projekts

Aktueller Stand der Wissenschaft:

In dem sich in Cadarache (Frankreich) im Aufbau befindlichen Fusionsreaktor ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) sollen Test-Blanketmodule (TBM) erprobt werden, um einen geschlossenen Tritiumkreislauf für zukünftige Plasma verbrennende Anlagen wie DEMO (Demonstration fusion power plant) zu entwickeln. Zurzeit sind keramische Kugeln aus Lithiumorthosilikat (Li4SiO4) und Lithiummetatitanat (Li2TiO3) die aussichtsreichsten Kandidaten für das Brüten von Tritium im europäischen Feststoff-TBM. Während Li4SiO4 eine höhere Lithiumdichte und ein etwas besseres Tritiumfreisetzungsverhalten bei niedrigeren Temperaturen aufweist, hat Li2TiO3 bessere mechanische Eigenschaften. Um die Vorteile beider Phasen in einer Tritium-Brutkeramik zu kombinieren, befinden sich fortschrittliche Kugeln aus Li4SiO4 mit Zusätzen von Li2TiO3 als Sekundärphase in der Entwicklung als Alternative für das Brüten von Tritium in nuklearen Fusionsreaktoren. Für die Entwicklung und Beurteilung einer neuen zweiphasigen Verbindung als Tritium-Brutkeramik, ist es äußerst wichtig, die hochenergetischen strahleninduzierten Prozesse in den Li4SiO4-basierten Kugeln mit verschiedenen Anteilen an Li2TiO3 zu verstehen. Die entstehenden strahleninduzierten Defekte und Radiolyse-Produkte in den Li4SiO4-Kugeln können Veränderungen in den thermischen und mechanischen Eigenschaften hervorrufen, sowie eine Volumenzunahme (Schwellung) und Degradierung der mechanischen Widerstandsfähigkeit bewirken oder auch die Diffusions- und Freisetzungsprozesse des generierten Tritiums beeinflussen.

Ziele des Projekts:
(1) Untersuchung und Beschreibung der Bildung, Akkumulation und der Ausheilung von strahleninduzierten Defekten und Radiolyse-Produkten in Li4SiO4-basierten Kugeln mit verschiedenen Anteilen an Li2TiO3 durch Bestrahlung mit 5 MeV beschleunigten Elektronen bei hohen Temperaturen. Bestrahlungsexperimente mit Neutronen sind kostspielig und es braucht eine sorgfältige Versuchsplanung und Vorbereitung aufgrund der entstehenden radioaktiven Isotope und den damit einhergehenden gesetzlichen Regelungen. Daher soll innerhalb des Projekts, statt Neutronen, ein Strahl aus 5 MeV beschleunigten Elektronen verwendet werden, um strahleninduzierte Defekte und Radiolyse-Produkte in den Li4SiO4-Kugeln mittels ionisierender Strahlung zu erzeugen und gleichzeitig nukleare Reaktionen und die dabei entstehenden radioaktiven Isotope zu vermeiden.
(2) Sicherstellen der langjährigen Kooperation, des Wissensaustauschs und der Stärkung der Partnerschaft zwischen der UL, ICP (Lettland) und dem KIT, IAM (Deutschland).
(3) Weiterbildung von Bachelorstudenten, die am Projekt teilnehmen.

Hauptaktivitäten des Projekts

  1. KIT, IAM (Deutschland), Februar–März, 2019:
    Herstellung und thermische Behandlung von Li4SiO4-Kugeln mit verschiedenen Anteilen an Li2TiO3. Die systematische Untersuchung der unbestrahlten Kugeln umfasst:
    (1) Mikrostruktur der Oberfläche und in Schliffproben mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM);
    (2) chemische Zusammensetzung mittels optischer Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-OES);
    (3) Phasenzusammensetzung mittels Pulver-Röntgendiffraktometrie (p-XRD);
    (4) offene und geschlossene Porosität mittels Quecksilberporosimetrie bzw. Heliumpyknometrie.
  2. UL, ICO (Lettland), April–Mai 2019:
    Bestrahlung der Li4SiO4-Kugeln mit verschiedenen Li2TiO3-Anteilen mit 5 MeV beschleunigten Elektronen bei hohen Temperaturen. Die systematische Untersuchung der unbestrahlten sowie der bestrahlten Kugeln umfasst:
    (1) akkumulierte paramagnetische strahleninduzierte Defekte und Radiolyse-Produkte mittels Elektronenspinresonanz (ESR) Spektrometrie (in Kooperation mit dem Lettischen Institut für Organische Synthese);
    (2) akkumulierte optisch aktive strahleninduzierte Defekte und Radiolyse-Produkte (auch Farbzentren genannt) mittels Absorptionsspektrometrie (in Kooperation mit dem Institut für Festkörperphysik, UL);
    (3) Rekombinationsprozesse der akkumulierten strahleninduzierten Defekte und Radiolyse-Produkte mittels thermisch stimulierter Lumineszenz (TSL);
    (4) Veränderungen der Phasenzusammensetzung mittels Fourier-Transform-Infrarotspektroskopie mit abgeschwächter Totalreflexion (ATR-FTIR);
    (5) Veränderungen der Phasenzusammensetzung mittels Raman-Spektroskopie (in Kooperation mit der Universität von Daugavpils).
  3. KIT, IAM (Deutschland), Ende Mai 2019:
    (voraussichtliches Datum des Zwischentreffens: 27.05.2019)
    Zwischentreffen, um die Projektentwicklung zu besprechen und wissenschaftlicher Aufenthalt, um folgende Analysen an bestrahlten Li4SiO4-Kugeln mit verschiedenen Anteilen an Li2TiO3 durchzuführen:
    (1) Veränderungen der Mikrostruktur an der Oberfläche und im Querschnitt mittels REM;
    (2) Veränderung der Phasenzusammensetzung mittels p-XRD;
    (3) offene und geschlossene Porosität mittels Quecksilberporosimetrie bzw. Heliumpyknometrie.
  4. UL, ICP (Lettland), Juni–September 2019:
    Auswertung der erhaltenen Ergebnisse und Anfertigung eines Manuskripts für die Veröffentlichung in einer internationalen durch Experten begutachteten wissenschaftlichen Zeitschrift (z. B. Fusion Engineering Design oder Journal of Nuclear Materials).
  5. UL, ICP (Lettland), Ende Oktober 2019: (voraussichtliches Datum des Abschlusstreffens: 30.10.2019) Abschlusstreffen, um die im Projekt erzielten Ergebnisse zu diskutieren und weitere wissenschaftliche Arbeiten sowie Kollaborationsmöglichkeiten zu besprechen.

Direkte und indirekte Zielgruppe

Direkte Zielgruppe: Die direkte Zielgruppe des Projekts wird alle nötigen Experimente und Messungen durchführen, um die für das Projekt gesetzten Ziele zu erreichen. Zusätzlich wird die direkte Zielgruppe die erhaltenen Ergebnisse auf nationalen und internationalen wissenschaftlichen Konferenzen präsentieren. Die erzielten Ergebnisse des Projekts werden in internationalen durch Experten begutachteten wissenschaftlichen Zeitschriften (z. B. Fusion Engineering and Design oder Journal of Nuclear Materials) veröffentlicht. Es ist geplant, innerhalb dieses Projekts wenigstens eine Veröffentlichung zu erstellen und an mindestens drei wissenschaftlichen Konferenzen teilzunehmen. Die direkte Zielgruppe wird aus 10 Personen bestehen.

Indirekte Zielgruppe: Die indirekte Zielgruppe dieses Projekts wird durch diejenigen gebildet, die Informationen über die im Projekt erzielten Ergebnisse erhalten. Die internationale Wissenschaftsgemeinschaft im Bereich der Kernfusion umfasst tausende Personen. Die Ergebnisse dieses Projekts sind für die Organisation “Fusion for Energy F4E)”, das EUROfusion Konsortium sowie für alle Partner der ITER Organisation, die an der Entwicklung von Tritium-Brutkeramiken für zukünftige nukleare Fusionsreaktoren arbeiten (EU, Japan, China, Südkorea und Indien) nützlich und notwendig.

Öffentliche Veranstaltungen im Rahmen des Projekts

Zwischentreffen am KIT, IAM (Deutschland).
Vsl. Datum:
27.05.2019
Teilnehmer: mind. 5 Personen
Dr. chem. Artūrs Zariņš, BSc. phys. Jānis Čipa, Dr. rer. nat. Regina Knitter, Dr. rer. nat. Julia Heuser, MEng. chem. Oliver Leys und weitere Mitarbeiter des KIT, IAM.

Abschlusstreffen an der UL, ICP (Lettland).
Vsl. Datum: 30.10.2019
Teilnehmer: mind. 10 Personen
Dr. chem. Artūrs Zariņš, BSc. phys. Jānis Čipa, Dr. chem. Gunta Kizane, Dr. chem. Larisa Baumane, MSc. chem. Mihails Halitovs, MSc. chem. Liga Avotina, MSc. chem. Andris Leščinskis, Dr. rer. nat. Regina Knitter, Dr. rer. nat. Julia Heuser, MEng. chem. Oliver Leys und weitere Mitarbeiter der UL, ICP.

Die öffentlichen Veranstaltungen innerhalb des Projekts sind allen interessierten Personen zugänglich.

Pressemitteilung